Arbeitsmarktrelevante Merkmale von Personen mit Schutzstatus S : Schlussbericht
Author(s) : Tobias Fritschi, Peter Neuenschwander, Debra Hevenstone, Olivier Lehmann, Jodok Läser, Alissa Hänggeli
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Abstract:
Die Berner Fachhochschule BFH hat im Auftrag des Staatssekretariats für Migration SEM im Herbst
2022 eine Umfrage bei 8‘000 Geflüchteten mit Schutzstatus S durchgeführt. Die Zielgruppe der Perso-
nen im Alter von 16 bis 59 Jahren wurde zu arbeitsmarktrelevanten Merkmalen befragt. Hierbei wur-
den nicht nur unmittelbar relevante Eigenschaften wie Sprache, Ausbildung und Berufserfahrung er-
fragt, sondern auch grundlegende Merkmale wie Gesundheit, soziale Unterstützung und Motivation
für Bildung und Erwerb.
Der von der BFH in Zusammenarbeit mit dem SEM entwickelte Online-Fragebogen wurde von 1984
Personen vollständig ausgefüllt. Dies entspricht einer Rücklaufquote von knapp 27%. Die Stichprobe
ist repräsentativ für die Grundgesamtheit der im Zeitraum März bis Juni 2022 eingereisten Personen
mit einer Mindestaufenthaltsdauer von zwei Monaten. Frauen und jüngere Personen (unter 40 Jahre)
sind in dieser Population häufiger vertreten als in der Durchschnittsbevölkerung der Schweiz.
Die Umfrage zeigt, dass die Sprachkompetenzen der Geflüchteten mit Schutzstatus S rasch zuneh-
men. 83% der Befragten besuchen einen Sprachkurs oder haben diesen bereits abgeschlossen. 40%
schätzen ihre Englischkenntnisse als gut bis sehr gut ein, 10% geben an, in einer Landessprache das
meiste verstehen und sich mündlich gut ausdrücken zu können. Bezüglich Sprachkenntnisse besteht
ein stark positiver Zusammenhang mit der Aufenthaltsdauer. Jüngere Personen erlernen eine Landes-
sprache schneller und weisen insbesondere bessere Englischkenntnisse auf.
Die Schutzsuchenden weisen einen hohen Bildungsstand auf, 70% der Befragten besitzen einen Hoch-
schulabschluss. Ein Teil der Befragten weist Ausbildungen und Berufserfahrungen in Branchen mit
Fachkräftemangel auf, wie z.B. im Bau- und Ingenieurwesen, Gesundheits- und Sozialwesen, in der Pä-
dagogik sowie der Informatik. Jugendliche und junge Erwachsene befinden sich häufig in Ausbildun-
gen im Herkunftsland (Fernunterricht) oder in der Schweiz.
Die Befragten wünschen sich mehr Unterstützung in den Bereichen Arbeitssuche, Spracherwerb und
Anerkennung von Berufsqualifikationen und Diplomen. Gesundheitlicher Unterstützungsbedarf zeigt
sich bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, bei welchen psychische Beeinträchtigungen häufiger
vorkommen als bei Erwachsenen im Alter ab 25 Jahren. Da ein Kriegsende zurzeit nicht absehbar ist,
sieht sich ein Grossteil der Befragten in absehbarer Zeit in der Schweiz lebend und arbeitend.
Die Ergebnisse zu den arbeitsmarktrelevanten Merkmalen wurden als Profile in 5 Dimensionen als In-
dizes aufbereitet (Motivation, Ausbildung, Gesundheit, Sprache, soziale Unterstützung). Dabei zeigen
sich Stärken in den Bereichen Motivation, Ausbildung und Gesundheit. Der Index Sprache liegt bei jün-
geren Personen etwas höher als bei älteren. Der Index der sozialen Unterstützung ist bei älteren Per-
sonen leicht höher als bei jüngeren. Insgesamt zeigen die 5 Indizes, dass Geflüchtete mit Schutzsta-
tus S über ein relativ hohes Arbeitsmarktpotenzial verfügen.