«Es erübrigt sich, auf weitere Ungereimtheiten einzugehen» : Beziehungsgestaltung in Asylentscheiden
Author(s) : Mirjam Zürcher
Source : https://doi.org/10.21256/zhaw-86
Abstract:
“In der Schweiz wird Flüchtlingen unter bestimmten Bedingungen Asyl gewährt. Der Entscheid über das Asylgesuch wird vom Bundesamt für Migration schriftlich mitgeteilt. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dieser Textsorte, dem Asylentscheid. Ziel der Arbeit ist es, zu untersuchen, ob und wie die Distanz in der Beziehung zwischen dem Bundesamt für Migration und den Empfängerinnen und Empfängern von Asylentscheiden zum Ausdruck kommt. Der Fokus wird dabei auf sprachliche Angriffe in Form von gesichtsbedrohenden Sprechakten und die Mehrfachadressierung der Asylentscheide gelegt. Methodisch basiert die Arbeit auf der pragmatischen Stilistik nach Sandig (2006) und auf den Empfehlungen zum Aufbau von Bescheiden von Ebert (2006). Das der Arbeit zugrundeliegende Korpus besteht aus negativen Asylentscheiden, die von Mitarbeitenden des Bundesamts für Migration verfasst wurden. Die im Korpus nachweisbaren gesichtsbedrohenden Sprechakte konnten in fünf Kategorien unterteilt werden, je nachdem ob sie die asylsuchende Person, den Inhalt ihrer Schilderungen oder die Art ihrer Schilderungen in Frage stellen und ob das Infragegestellte als nicht wichtig oder nicht glaubwürdig bezeichnet wird. Der Aufbau der Entscheide ist wenig auf die primären Adressaten, die Asylsuchenden, ausgerichtet. Diese beiden Punkte haben negative Auswirkungen auf das Bild, welches das Amt von sich nach aussen vermittelt. Es wird aufgezeigt, wie gesichtsbedrohende Stellen vermieden und Asylentscheide durch Veränderungen beim Textaufbau stärker auf die Asylsuchenden ausgerichtet werden können.”
Schlagwörter: Asylentscheid; Mehrfachadressierung; Gesichtsbedrohende Sprechakte; Pragmastilistik; Asylum decision; Face-threatening speech acts; Multi-addressing; Pragmatic stylistics