Wenn das Rechtauf Bildung nicht füralle gilt : eine Bestandsaufnahme zur Situation der Einschulung von Kindern aus dem Asylbereich

Author(s) : Bildung für alle – jetzt!

Source : https://www.bildung-jetzt.ch/s/2024_10_Bericht_Einschulung_de_WEB1.pdf

Abstract:

Ende 2023 waren in der Schweiz schätzungsweise 4500 schulpflichtige Kinder im Asylverfahren und 650 Kinder in der Nothilfe. Viele dieser Kinder werden in separierten Schulen unterrichtet und leben in Kollektivunterkünften auf engstem Raum (durchschnittlich fünf Familienangehörige in einem Zimmer). Diese Situation zieht weitreichende Probleme nach sich. Sie reichen von mehrfachen Schulwechseln pro Schuljahr, sozialer Isolation der Kinder und mangelhafter Unterrichtsqualität bis hin zu Ausfällen des Unterrichts ohne Ersatz und schlechten Arbeitsbedingungen für die Lehrpersonen. Die räumliche Situation in den Kollektivunterkünften schafft zudem für die Kinder eine Umgebung, die von Fachpersonen als gefährdend für das Kindswohl angesehen wird. Das parallele Schulsystem auf Grundschulniveau schränkt die Entwicklung und Bildungschancen der Kinder stark ein und isoliert sie vom Rest der Bevölkerung.

Seit mehreren Jahren weisen UN-Institutionen und NGOs im Bereich der Kinderrechte auf Probleme im Bildungszugang hin und fordern Verbesserungen von Behörden und Politik. Eine neu veröffentlichte Studie und ein Rechtsgutachten im Auftrag der Eidgenössischen Migrationskommission EKM stellen erneut fest, dass die aktuelle Situation nicht mit der Bundesverfassung und dem Völkerrecht konform ist.

Dieser Bericht zielt darauf ab, die aktuelle Situation der Bildung für geflüchtete Kinder zu analysieren und notwendige politische sowie behördliche Veränderungen anzuregen.

Die Ergebnisse des Berichts zeigen einen dringenden Handlungsbedarf auf politischer und behördlicher Ebene und eine Forschungslücke. Die Probleme sind struktureller Natur und betreffen sowohl die Mikro- als auch die Makroebenen.

Kern der Handlungsempfehlungen ist die Einschulung aller Kinder in die Regelschule spätestens drei Monaten nach der Zuteilung zu einem Kanton sowie die Unterbringung aller Familien ab der Zuteilung zu einem Kanton in Wohnungen statt in Kollektivunterkünften. Nur wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, kann das Recht auf Bildung für alle Kinder in der Schweiz effektiv umgesetzt werden. Kantone, die diese beiden Bedingungen bereits heute erfüllen, zeigen die Umsetzbarkeit auf und können anderen Kantonen beratend zur Seite stehen.

Grundlegend ist die Anerkennung von Behörden und Politik, dass die Interessen des Kindes und die Umsetzung der Kinderrechte stets Vorrang vor ausländerrechtlichen staatlichen Interessen haben müssen. Diese rechtlich abgestützte Botschaft muss verbreitet werden.

Notwendig ist eine Analyse der Situation der Beschulung von Kindern in jedem der 26 Kantone der Schweiz, die Entwicklung von passenden Massnahmen je nach Kanton, eine überkantonale Koordination der Bestrebungen zur Verbesserung der Situation der Beschulung sowie die regelmässige Erhebung und Publikation von Daten auf Bundesebene und die Unterstützung der Kantone durch den Bund bei der Umsetzung von Massnahmen.

Similar Posts