Alterität, Interkulturalität und Migration: Soziologische Reflexionen zum Thema ›Deutsche in der Schweiz
Author(s) : Dietmar J. Wetzel
Source : https://doi.org/10.5771/9783988580917-13
Abstract:
Ausgehend von einer kurzen, kritischen Würdigung soziologischer Klassiker betrachte ich in meinem Beitrag den Themenkomplex »Interkulturalität und Migration« aus dem sozialtheoretischen Blickwinkel der Alterität und des Fremden in uns selbst. Damit wird gleichzeitig identitätszentrierten Ansätzen eine Absage erteilt. Dazu beziehe ich mich auf Beiträge des Philosophen Bernhard Waldenfels und plädiere für eine genaue Erforschung der Sphäre des »Da-Zwischen«, und zwar im Sinne einer Begegnung respektive Auseinandersetzung zwischen Eigen- und Fremdkultur, wie es beispielsweise auch Mark Terkessidis in Interkultur als eine »Kultur-im-Zwischen« verstanden wissen will. Die vorgestellten theoretischen Überlegungen konfrontiere ich mit einem empirischen Beispiel aus dem Bereich der (Arbeits-)Migration; genauer geht es dabei um die Situation der in den letzten Jahren eingewanderten Deutschen in der Schweiz, die scheinbar in eine Stimmung gegenseitigen Unbehagens gemündet ist. Es bedarf einer differenzierten Erklärung, die eine sozio-ökonomische von einer kulturellen und diese beiden wiederum von einer medialen Dimension unterscheidet. Anhand des empirischen Beispiels der Arbeitsmigration (›Deutsche in der Schweiz‹) versuche ich die Bedeutsamkeit der Stereotype, Vorurteile, Klischees bei der gegenseitigen Wahrnehmung des Anderen zu problematisieren. Das von mir sozialtheoretisch beschriebene Phänomen ›doppelter Alterität‹ steht dabei dem Beharren auf Identität als Deutscher oder als (Deutsch-)Schweizer gegenüber. Diese wird besonders in Zeiten ökonomisch-politischer Krisen von verschiedenen Seiten aktualisiert und instrumentalisiert. In puncto (Arbeits-)Migration deutet sich zunehmend, so meine These, eine von europäischen Staaten verfochtene Strategie an, die darin besteht, eine auf Optimierung zielende »Migration nach Maß« gegen eine ethisch-politisch zu verfechtende Position einer »unbedingten« Gastfreundschaft auszuspielen.